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In 30 Tagen um die Welt

Donnerstag, 4. Mai 2006

Etappe 4 - Longyearbyen, Spitzbergen (Tag 7)

Nur vier Tage hatten sie für die Überfahrt durch die aufgewühlte See gebraucht, und selbst die Crew schien darüber erstaunt zu sein. Heute am späten Nachmittag würden sie auf Spitzbergen eintreffen. Er hatte sich wider Erwarten halbwegs an das stetige Auf und Ab des Schiffsrumpfes gewöhnt, gelernt, die zeitweilig aufkommende Übelkeit zu ignorieren und sich sogar ab und zu wieder an Deck getraut. Zwischen ihm und Sven, dem plappernden Matrosen, hatte sich so etwas wie eine leise Sympathie entwickelt. Er war täglich zu Franke gekommen, hatte seinen Schulterverband gewechselt und ihm vom Leben an Bord erzählt. So hatte Franke erfahren, dass anstatt der normalerweise 55 bis 60 Mann starken Crew bei dieser Fahrt nur 40 Mann an Bord waren. Allesamt Lohs Männer - die Männer des skrupellosen Großindustriellen, der Schuld an Frankes Misere war.

Franke lag in seiner Koje und ließ die letzten Wochen geistig Revue passieren. Mit welchem Feuereifer er sich an die Arbeit gemacht hatte, als ihm die Story über Lohs Imperium übertragen worden war! Die Aufgabe hatte ihn gereizt, und er hatte selten so gründlich und wie besessen recherchiert. Durch die halbe Welt war er geflogen um sich ein genaues Bild von Lohs einzelnen Konzernen zu machen. Mit mehr als 15 verschiedenen Managern hatte er gesprochen, Produktionsstätten besichtigt, tonnenweise Infomaterial über die Entstehung des Loh-Imperiums zusammengetragen und durchgeackert. Er war von Lohs Leistung beeindruckt. Dieser Mann hatte einen kleinen Schuhladen zuerst zu einer eigenen Schuhfabrik erweitert, dann zusätzlich eine Färberei aufgekauft und nach und nach so weit expandiert, dass er letztlich auch einen Chemiekonzern, mehrere Unternehmensberatungen, eine Schuhhandelskette sowie diverse Marketing-Unternehmen sein Eigen nennen konnte. Loh war ein knallhart kalkulierender Geschäftsmann, bei dem alles, was er anfasste, zu Gold wurde, und sein Erfolgsrezept war ebenso einfach wie brillant: konkurrierende, finanzschwächere Unternehmen kaufte er kurzerhand auf, setzte seine Leute auf die entsprechenden Positionen und steigerte in angsteinflößender Geschwindigkeit die Umsätze um ein Vielfaches. In zwei Tagen hätte Franke ein Interview mit Loh persönlich gehabt. Wider Willen musste er leise lachen. Dieses Interview würde er bekommen, aber unter gänzlich anderen Umständen, wie er sich gedacht hatte. Er hatte den Fehler gemacht, zu intensiv nachzuforschen, dem Ursprung von Lohs Reichtum zu sehr auf den Grund gehen zu wollen.
Eines Tages hatte er eine SMS auf sein Handy bekommen. Natürlich war sie von einem Prepaid-Handy verschickt worden, dessen Besitzer niemand herausfinden konnte, wie er von einem befreundeten Polizisten erfahren musste. Diese SMS hatte auf gewisse Weise sein Schicksal besiegelt. Die Botschaft war simpel: wenn er die sprichwörtliche Leiche in Lohs Keller finden wollte, solle er mit einer leeren SMS antworten. Er hatte sofort Frühlingsluft gewittert. Ein Skandal um den Saubermann Loh, das würde ihm mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit die Titelstory bescheren, auf die er seit Monaten scharf war. Er schickte die leere SMS ab, und als er abends nach Hause kam, fand er einen dicken Umschlag ohne Absenderangabe in seinem Briefkasten. Wie sich herausstellte, beinhaltete der Umschlag seitenweise hochbrisante Informationen über Loh, unter anderem den Beweis dafür, dass er in seiner Färberei in Indien Kinderarbeit wissentlich duldete. Er schmierte in mehreren Ländern Behörden und umging so Auflagen wegen Nichteinhaltung der Sicherheitsvorschriften in seinen Betrieben und mogelte seine Produktionsbetriebe an einschränkenden Umweltauflagen vorbei. Und so ging es munter weiter, über Steuerhinterziehung bis hin zur Nötigung und Misshandlung kooperationsunwilliger Geschäftspartner. Und er, Franke, der Naivling, hatte sich Loh gewachsen geglaubt. Er hatte mit aller Vorsicht und Diskretion nachgeforscht und ausnahmslos alle Vorwürfe bestätigt gefunden. Außer seinem Chefredakteur, gegenüber dem er einen klitzekleinen Hinweis auf die Entwicklung der Story hatte fallen lassen, hatte er jedoch mit keinem Menschen über die Sache gesprochen. Und doch war Loh ihm auf die Schliche gekommen und hatte dann vor sechs Tagen die Falle gnadenlos zuschnappen lassen. Franke war sich bewusst, dass Loh mit Sicherheit sowohl sein Telefon hatte anzapfen lassen als auch seine E-Mails abgefangen hatte. Außerdem ging er davon aus, dass er ihn hatte beobachten lassen. Franke war dem Mann zu sehr auf die Pelle gerückt, und Franke hatte sich mit der effektivsten Methode revanchiert: er hatte Sandra entführt.

Ein Klopfen an der Tür der Kabine, dann betrat Sven den Raum: “Wir legen jetzt in Longyearbyen an. Schnapp Dir Dein Gepäck, im Hafen steht Lohs Jeep bereit, der Dich zum Firmensitz bringen wird.” Franke hob seinen Koffer auf und folgte dem Matrosen an Deck. Das Schiff lag bereits im Hafen und wurde gerade fest vertäut. Nur wenige Minuten später konnte Franke an Land gehen und erblickte sofort den silbergrauen Geländewagen mit der Aufschrift “Loh Enterprises”, der vor einem der großen Hafengebäude mit laufendem Motor auf ihn wartete. Er genoss für eine Sekunde den festen Boden unter seinen Füßen, dann holte er tief Luft und ging entschlossenen Schrittes auf das Fahrzeug zu.

Der Hafen von Longyearbyen
Longyearbyen

Mittwoch, 3. Mai 2006

Etappe 3 - Barentssee

Die Männer hatten ihn an Bord der “Sedov” geschleift und dort in eine Kajüte gestoßen. “Warten Sie hier auf den Kapitän”, hatte ihm einer der beiden befohlen. Hilflos und gottergeben blieb er, wo er war, und wartete. Er konnte hören, wie hektischer Betrieb an Deck einsetzte, und vernahm laute Rufe. Plötzlich lief ein Zittern durch den Schiffrumpf. Sie hatten abgelegt! Hatte er sich zuvor sicher geglaubt und weit von der hohen See entfernt, so überkam ihn nun angesichts des Wissens, dass er sich bald auf offener See befände mit einem Schlag die Übelkeit. Kalter Schweiß brach ihm aus, und er stürzte fluchtartig aus der Kajüte. Er musste hier raus, an die frische Luft! Hier würde er eingehen, das war ihm klar. Er irrte kopflos durch den Schiffsrumpf auf der Suche nach einer Treppe, die ihn nach oben führen wurde. Und je länger er suchte, umso wütender wurde er. Was fiel diesen Menschen überhaupt ein? Gut, er war mit seinen Recherchen ein klein wenig zu weit gegangen, aber das rechtfertigte noch lange keine Entführung! Außerdem war er als Journalist der Wahrheit verpflichtet. Franke wurde immer zorniger. Er fasste einen Entschluss: er würde sich wehren! Man würde ihn nicht hilflos wie ein Kaninchen in einen Käfig sperren und quer durch die Barentssee schippern. Nicht ihn! Nach endlosen Minuten stand er plötzlich an Deck. Eine Woge der Erleichterung überkam ihn und seine Wut machte ihn stark, doch dann gewann die Seekrankheit die Übermacht und er konnte sich gerade noch rechtzeitig über die Reling beugen.
Er wusste nicht, wie lange und wie oft er sich übergeben hatte, als er grob am rechten Arm gepackt und herumgerissen wurde. Mit noch verschleiertem Blick versuchte er, den Mann vor sich zu fixieren. “Was hast Du an Deck zu suchen, verdammt nochmal?”, ranzte ihn der vierschrötige Matrose an. Franke, der noch immer mit Leibeskräften gegen die Übelkeit und seine Angst vor dem Meer ankämpfte, konnte den Mann nur wortlos anstarren. “Bist Du taub oder was? Ich rede mit Dir, Mann!”, brüllte sein Gegenüber. Er war riesig, selbst im Vergleich zu den beiden Matrosen von vorhin, gut und gerne über zwei Meter groß und er hatte Hände so groß wie Mülltonnendeckel. Als der Kerl begann, ihn durchzuschütteln, war jedoch Frankes blinde Wut wieder da. Er ignorierte das Rebellieren seines Magens, streckte das Rückgrat durch und holte mit seiner freien, zur Faust geballten Linken aus. Sekunden später lag er, von einem gezielten Fausthieb des Mannes niedergestreckt und mit einem starken pochenden Schmerz im Kiefer, blinzelnd auf dem Rücken und stierte auf die funkelnde, unübersehbar scharfe Klinge eines Messers, die sich genau vor seinen Augen befand. Mit zusammengebissenen Zähnen versuchte er, sich außer Reichweite zu bringen, als der Mann ohne Vorwarnung zustach. Jäh durchzuckte ein feuriger Schmerz Frankes linke Schulter. Ungläubig beobachtete er, wie Blut aus der Stichwunde zu quellen begann, langsam erst, dann immer stärker. Er stöhnte und presste seine rechte Hand auf die Wunde. Dieses kleine Geräusch reichte dem Mann schon, erneut einen Wutausbruch zu bekommen. “Du willst also immer noch nicht Dein Maul halten? Zum Glück haben die mich vor Dir und Deinem naseweisen Gehabe gewarnt. Wenn Du nicht spuren willst, dann helfe ich eben nach!”, tönte der Mann unheilverkündend und stapfte von dannen. Franke, noch immer benommen, spürte, wie er von starken Armen auf die Füße gezerrt wurde. Seine verletzte Schulter rebellierte bei dieser unsanften Bewegung so stark, dass ihm wieder übel wurde. Der Schläger kam zurück, er hielt etwas in seinen Händen, das aussah wie ein schmutziges Taschentuch. “Haltet ihn fest!”, befahl er den Männern hinter Franke. Unvermittelt ging Franke auf, was der Kerl mit ihm vorhatte, und er begann sich nach Leibeskräften zu wehren. Doch gegen die eisernen Griffe der Matrosen hatte er keine Chance. “Ja, wehr Dich nur. Es wird Dir aber nichts nützen.”, flüsterte ihm der Kerl ins Ohr. Und er hatte Recht. Hilflos, als wäre er in einen Schraubstock eingeklemmt, musste er es geschehen lassen, dass ihm der Mann das mit einer übel riechenden Flüssigkeit getränkte Taschentuch auf Mund und Nase presste. In seiner Verzweiflung tat er genau das Falsche - er atmete tief und hektisch ein. Dann wurde ihm schwindelig, und die Welt um ihn herum wurde grau. Sein Sichtfeld verengte sich immer mehr, bis sich schließlich gnädige Schwärze auf ihn herabsenkte.

Zittrig schlug Franke erst ein Auge, dann das andere auf. Dämmerlicht umgab ihn. Er wusste nicht, wie lange er bewusstlos gewesen war und wo er sich auf dem Schiff befand. Er wusste nur, dass er von rasenden Kopfschmerzen und der erneut aufkeimenden Übelkeit gequält wurde. Seine Schulter pochte im Rhythmus seines Herzens. Ein Blick verschaffte ihm jedoch die unglaubliche Gewissheit, dass die Wunde während seiner Bewusstlosigkeit sauber verbunden worden war. Mit schier unmenschlicher Anstrengung gelang es ihm, sich ein wenig aufzurichten. Dabei musste er wohl geächzt haben, denn wie auf Kommando schwang irgendwo in der Dämmerung eine Tür auf und ein Matrose kam herein. Franke erkannte, dass es einer der beiden war, die in auf das Schiff gebracht hatten. “Ach, Dornröschen weilt ja auch mal wieder unter den Lebenden! Wir hatten unsere Zweifel, ob Du überhaupt jemals wieder aufwachen würdest. Hast fast einen kompletten Tag lang durchgepennt. Ja, wenn Sven was macht, dann macht er’s richtig. Die Sache mit dem Messer war aber wieder völlig daneben. Aber so ist Sven nun mal. Er ist schnell auf 180. Du solltest ihn besser nich’ mehr reizen, Junge!”, plapperte der Mann. “Schau Dich nur um, das hier ist Dein Reich. Die Kabine ‘Murmansk’ gehört Dir für die Dauer der Fahrt ganz alleine. Fühl’ Dich wie zu Hause!” Mit diesem Kommentar ließ der Matrose Frankes Koffer, den er mit herein gebracht hatte, mit einem lauten Knall zu Boden fallen und verließ die Kabine wieder. Franke registrierte wie beiläufig, dass er nicht eingeschlossen wurde. Das war allerdings auch nicht weiter verwunderlich - wohin sollte er auch türmen? Er war verletzt und geschwächt. Sie befanden sich auf hoher See, und außerdem hatte er seine erste Lektion bereits gelernt. Die Temperatur lag knapp über dem Gefrierpunkt, und über die Wassertemperatur wollte er sich erst gar keine Gedanken machen. Es lag auf der Hand, dass er nicht flüchten würde. Erstaunlicherweise wurde er nach dieser Erkenntnis ruhiger, sein Widerstand erlahmte. Mühsam kämpfte er sich aus der Koje, ignorierte den Schwindel und die stärker werdenden Schmerzen, hob seinen Koffer auf und trug ihn leicht schwankend in Richtung der sechs Kojen, die sich in der Kabine befanden. Er entschied sich, die rechte Koje zu seinem Schlafplatz zu wählen, stellte den Koffer davor ab, setzte sich auf das untere Bett und blickte durch das Bullauge auf die wogende Schwärze der Barentssee.

Etappe 4

Dienstag, 2. Mai 2006

Etappe 2 - Murmansk

Den Flug hatte er mehr schlecht als recht überlebt. Stürmisch war es gewesen, und der Komfort des russischen Flugzeuges grenzte an eine Unverschämtheit. Nun saß er in einem schrottreifen Bus, der röhrend und spotzend durch die frühen Morgenstunden eines eisigen Tages rumpelte und ihn mit jeder Minute dem Hafen näher brachte. Während er angestrengt versuchte, einen Blick durch die vor Schmutz starrenden Fenstern zu werfen, geisterten ihm die Erinnerungen an den Vortag durch den Kopf. Dieser schreckliche Anruf gestern, der sein Leben auf so radikale Weise aus der Bahn geworfen hatte... Verdammt, er hätte es kommen sehen müssen! Wie hatte er nur so naiv sein können? Anzunehmen, dass er sie unbemerkt ausspionieren, unbeobachtet hinter ihre Geheimnisse kommen könnte, war verrückt. Und trotzdem hatte er sich sicher, ja, ihnen überlegen gefühlt. Aber er hatte sich geirrt. Ein Schauer überlief ihn, als er wieder deutlich die kalte, befehlsgewohnte Stimme des anonymen Anrufers hören konnte:
“Franke? Wir haben sie. Ich brauche Ihnen nicht zu erklären, wen ich meine. Seien Sie morgen um 6 Uhr im Hafen von Murmansk. Sie werden von dort aus zu unserem Hauptsitz in Longyearbyen auf Spitzbergen reisen und uns sämtliche Informationen übergeben, die Sie über uns gesammelt haben. Sie werden keine Kopien für sich behalten. Ihre Fahrkarte finden Sie in ihrem Briefkasten. Sie kommen allein. Und keine Polizei. Sie wissen ja, was sonst passiert.”
Dann hatte der Anrufer ohne ein weiteres Wort aufgelegt und ihn mit nackter Angst zurückgelassen. Wie in Trance war er zum Briefkasten gegangen und - tatsächlich. Da lag sie, die Fahrkarte. Als Kind wäre er beinahe in der Nordsee ertrunken. Seitdem hatte er panische Angst vor Wasser, und noch dazu wurde er seekrank, doch er hatte keine Alternative. Sie hatten sie in ihrer Gewalt, und er konnte nicht anders: er musste sie retten. Für sie, für ihr Leben würde er sogar die größte Story seines Lebens in den Wind schreiben. Sie war alles, was ihm auf der Welt etwas bedeutete.

Der Bus spuckte ihn und sein spärliches Gepäck erbarmungslos in die eisige Kälte des Hafens von Murmansk und verschwand wieder in den grauen Nebelschwaden des Morgens. Suchend ließ er seinen Blick über die unzähligen Schiffe im Hafenbecken schweifen. Er wusste nicht so recht, was er erwartet hatte, doch als er den Namen “Sedov” an einem von ihnen entdeckte, stockte ihm der Atem. Er stand vor einem Segelschiff, einer riesigen Barke! Trotz all seiner Panik überwältigte ihn der Anblick. Er setzte seinen Koffer ab und betrachtete das Schiff. Es musste gut und gerne hundert Meter lang sein. Widerwillig musste er sich eingestehen, dass er von der Eleganz des mächtigen Schiffes beeindruckt war.
sedov
Eine Böe eisigen Windes riss ihn aus seinen Gedanken. Unangenehm wurde ihm bewusst, dass es zu schneien begonnen hatte. Er spürte, wie erneut die Angst in ihm aufzuwallen drohte. Wie um alles in der Welt sollte die “Sedov” zu dieser Jahreszeit die Nordsee befahren können? Waren diese Art von Schiffe im Winter nicht immer in südlichen Gefilden unterwegs?
“Hey, Sie da!” Erschrocken blickte er zu dem Matrosen auf, der an Deck stand und wild zu ihm hinunter gestikulierte. “Los, schnappen Sie sich ihren Koffer und kommen Sie an Bord. Wir laufen in zehn Minuten aus!” Wie aus dem Nichts erschienen neben ihm zwei weitere, kräftig gebaute Matrosen und packten ihn an den Armen. Einer von ihnen riss den Koffer an sich, und gemeinsam zerrten sie Franke an Bord der “Sedov”.

Etappe 3

In 30 Tagen um die Welt - Etappe 1

Vorwort: Diese Geschichte habe ich damals in Bloghausen geschrieben, und zwar für den Don. Nachdem er selbst ja heute Spitzbergen als Reiseziel angesprochen hat, dachte ich, dass das doch eigentlich gar keine so schlechte Idee wäre. Und eine Fortsetzung hatte ich ihm ja schon damals angedroht...

Etappe 1:


Krachend fiel die Tür hinter ihm ins Schloss. Das Geräusch hallte unnatürlich laut durch die ausgestorbene Straße. Zögernd tat er in der sich auflösenden Dunkelheit einen Schritt auf dem Gehweg, dann noch einen. In der klirrenden Kälte konnte er seinen Atem sehen, so durchsichtig, so vergänglich.
Er hatte Angst. Panische Angst, und sie drohte ihm die Luft abzuschnüren. Der schwere Koffer fiel ihm aus der Hand und landete mit einem dumpfen Aufprall auf dem Asphalt. Da stand er, verloren, alleine, umgeben von der absoluten Stille, die es nur in den frühesten Morgenstunden gibt. Vor ihm lag das Ungewisse. Was tat er hier eigentlich?
Schnee fiel unerbittlich vom Himmel und tauchte die Landschaft in das kühle Licht einer silbrigen Dämmerung. Die Kälte war schneidend, und er fror schon jetzt erbärmlich. Er ballte die behandschuhten Hände. Etwas raschelte bei der Bewegung in seiner Linken. Er öffnete sie und blickte auf den Gegenstand darin, als sähe er ihn zum ersten Mal. Da war sie, die Fahrkarte. Sein Ticket ans Ende der Welt, und er war wirklich im Begriff, sich auf dieses Abenteuer einzulassen.
Der eisige Wind trieb ihm Tränen in die Augen. Er wandte sich ab und stellte den Kragen seiner Thermojacke hoch. Sollte er es tatsächlich wagen? Dieser Gedanke ließ ihn kurz und hart auflachen und er erschrak über den Klang seiner eigenen Stimme. So verbittert...
Nein, er brauchte nicht zu überlegen. Er konnte nicht überlegen. Sein Schicksal lag nicht mehr in seiner Hand. Schon lange nicht mehr. Mit Schaudern dachte er daran, was sich alles in seinem Koffer befand: ein Paar selbstgestrickte Flügelwärmer, ein Schal, Thermosöckchen für Papageien und ein winziges Russenkäppchen mit Ohrenklappen. Außerdem noch ein kleines Care-Paket und eine Packung Hildesheimer Bratwürste. Ein Schrei der Verzweiflung baute sich in seiner Brust auf, doch er rang ihn nieder. Die Entscheidung war ihm abgenommen worden, und daran konnte er nichts ändern. Er fügte sich in sein Schicksal.
Mit einer Entschlossenheit, die ihn selbst überraschte, hob er den Koffer auf. Ehe er sich auf den langen und beschwerlichen Weg machte, warf er einen letzten Blick auf die Fahrkarte in seiner Hand: “nach Spitzbergen an Bord der Sedov”, stand als Fahrziel darauf...

Etappe 2

Buntes Allerlei
Herzblattg'schichten
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In 30 Tagen um die Welt
Morgengrauen
Strandgut
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Trixie fragt (sich)
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